Heute bleibt das Bargeld zuhause

am 04.03.2020 verfasst.
kunde bezahlt bargeldlos in gaertnerei

Morgen-Espresso und Mittagessen, Druckerpatrone und Physiotherapie, Mineralwasservorrat und Trinkgeld für den Lieferservice: Entlang eines ganz normalen Arbeitstages geben wir mal größere, mal kleinere Summen aus – einfach so zwischendurch. Zumeist wechseln wir dabei ohne viel zu überlegen  Bargeldzahlungen in Cash mit bargeldlosen Zahlvorgängen oder Überweisungen vom Konto ab. Aber was, wenn man sich vornimmt, einen Tag ganz ohne Bargeld auszukommen – also nur mit Bankomatkarte, Kreditkarte und Phone Sales? Wir schicken unseren Reporter ganz ohne Cash durch einen x-beliebigen Wochentag – und warten schon gespannt darauf, wie es ihm mit seinen bargeldlosen Micro- und Macropayments geht.

Vom Schotter zum Micropayment:
ein langer bargeldloser Gewöhnungsprozess

Ich kann mich noch an die Zeiten erinnern, als die Bankomatkarte das Cutting-Edge-Zahlungsmittel war.
Das erste virtuelle Micropayment meines Lebens misslang: Es muss Mitte der 1990er Jahre gewesen sein und „Micropayment“ war dem Tankstellenbesitzer noch kein Begriff, als ich bei ihm eine Getränke-Dose mit Bankomatkarte zahlen wollte.

Ich: „Entschuldigung, ich habe jetzt kein Bargeld mit. Kann ich die 9 Schilling und 70 Groschen auch mit Bankomatkarte zahlen?“

Er: Med wos zohlen?

Ich: Mit meiner Bankomatkarte ... Sie haben ja hier eine Bankomatkasse.

Er: A des geht?

Ich: Ja.

Er: Aber ned bei mir, ned bei mir!

Ich: Aber es ist doch egal, Sie bekommen das Geld ja sowieso.

Er: Na, ned bei mir. Ned der Betrog!

 

Und hier die Kurzversion für alle Nicht-Wiener:

Ich: Kann ich mit EC-Karte zahlen?

Er: Technisch ja, praktisch nein.


Es ging dann noch ein bisschen hin und her. Ich kann verraten, es wurde nicht freundlicher – und so kam es, dass das erste bargeldlose Micropayment meines Lebens erstmal nicht zustande kam. Das mag auch daran liegen, dass man zu lästigen kleinen unrunden Summen noch nicht Micropayment gesagt hat, sondern „Schotter“.

Heute, rund 30 Jahre später, ist die Bankomatkarte nicht mehr ganz so avantgarde – aber sie konkurriert im Zahlungsverkehr immer noch mit Bargeld – aber vor allem mit kontaktlosen Zahlungssystemen. Wir zahlen heute mit Kreditkarten, mit Apple Pay, mit Google Pay, über Bezahl-Apps und docken via Nearfield Communication (NFC) bei Bezahlterminals, POS Systemen oder modernen, mobilen Handhelds wie Clover Flex an.
Und es geht dabei nicht nur um große Anschaffungen, um große Summen – sondern eben genau um triviale Zwischendurch-Zahlungen, die im Laufe eines Tages so anfallen können.

Kommt man – im Gegensatz zu den Tankstellen von 1992 – wirklich gut über die Runden, wenn man sich vornimmt, einen ganz normalen Tag ohne Bargeld auszukommen?

 

Morgens: Kaffeetrinken im Espresso ohne Bargeld

Bevor ich das Haus in Richtung S-Bahn verlasse, zwinge ich mich, alles Bargeld aus der Brieftasche zu geben und mich nur mit Kredit- und Bankomatkarte und Smartphone in den heutigen Tag zu begeben. Am S-Bahnhof gibt es ein originales italienisches Espresso. Da verpasst man gerne mal die S-Bahn und gönnt sich noch einen schnellen Kurzen. Ich mache die Wirtin (sie hat keine Bankomatkasse) darauf aufmerksam, dass ich kein Bargeld dabei habe – aber sie lacht nur und meint, ich können morgen zahlen oder wenn ich das nächste Mal komme.
Ok, soweit wäre ich schon ganz gut ohne Geld durchgekommen, wenn auch anders als erwartet: Anschreiben lassen schafft immerhin eine Art von Kundenbindung.  

 

Heute zahlt Apple Pay das Essen –
und die Bankomatkarte sorgt für Büroausstattung

Am Weg ins Büro fällt mir ein, dass wir noch Mineralwasser und Küchenrolle brauchen. Also geh ich in den nahen Supermarkt, besorge alles und bezahle an der Kasse, indem ich die Bankomatkarte in den NFC-Bereich des Kartenterminals halte. Da die Summe unter 25 Euro liegt, benötige ich keine PIN-Code-Eingabe und so kommt die Zahlung ganz schnell zustande. Die Kassierin nickt freundlich zum Abschied, der Tankwart hätte mit der Faust gedroht.

 

Es ist 11.30 und ein weiteres Mal biete ich mich an, für alle einkaufen zu gehen.

Meine Kollegen lieben mich und meine Recherchetätigkeit, als sie mir die Bestellungen für den Asiaten ums Eck ansagen. Dort entscheide ich mich, die gesamte Bestellung via Apple Pay zu bezahlen, da man so noch zusätzlich an einem Kundenbindungs- und Rabattsystem teilnimmt. Der Kellner am Bezahlterminal nimmt meinen Wunsch nach Apple Pay Zahlung regungslos zur Kenntnis und speist das Kassensystem mit den Bestellungen und fertigt die Zahlung ab.
Dann öffne ich Apple-Wallet auf meinem iPhone und via NFC verbindet sich das Handy mit der POS System. Nun bestätige ich die Zahlung mit dem Daumenabdruck und weise so eine Kreditkartenzahlung an. Damit ich den Überblick behalte - und zur Kontrolle – lass ich mir eine Rechnung geben.

Zurück bei der Arbeit, meldet der Bürodrucker niedrigen Tintenstand in der Druckerpatrone und fragt, ob er gleich automatisch nachbestellen soll. Gute Frage ...
Zur Probe bestätige ich mit ja – und werde aufgefordert, mich beim Hersteller zu registrieren. Danach würde der Betrag gleich vom Bankkonto abgebucht werden. Das klingt mir dann doch alles etwas zu praktisch – und weil es dringend ist, gehe ich doch lieber zum Elektrofachhändler gegenüber und zahle mit Bankomatkarte.

 

Bargeld vs. Bezahlterminal:
manchmal eine Frage der Branche

Am Heimweg hab ich noch einen Termin bei der Physiotherapeutin, die mir nach der Behandlung einen höheren zweistelligen Betrag in Rechnung stellt. Auf meine Frage, ob ich mit Bankomatkarte zahlen könne, ernte ich einen verständnislos-fragenden Blick, gefolgt von etwas Heiterkeit. In dieser Branche gilt offenbar: „Nur Bares ist Wahres“ – und ich eile zum nächsten Bankomaten, um die Behandlung zahlen zu können.

 

Trinkgeld? Gerne, ... aber muss es Cash sein? 

Normalerweise wird abends zuhause gekocht.

Heute machen wir eine recherche-technische Ausnahme – und lassen und etwas vom Wok-Lokal in der Nähe liefern. Bei der Bestellung kann ich wählen, ob ich die Lieferung an der Haustüre bar oder mit Karte zahlen möchte. Die Wahl fällt mir heute leicht – und als der Zusteller an der Türe läutet, das Essen übergibt, erfolgt die Zahlung über sein mobiles Terminal.
Soweit so gut. Da sein mobiles Zahlungssystem aber über keine Trinkgeldfunktion verfügt (vgl. Clover Flex), kommt am Ende des Tages doch noch einmal Cash zum Einsatz.

Fazit des Tages:

1x Anschreiben lassen, 2x Zahlung an der stationären Bankomatkasse (mit und ohne PIN-Code), 1x Zahlung am mobilen Bezahlterminal, 1x Apple Pay, 1x Bankomatabhebung und Bargeld, 1x Cash als Trinkgeld.

In Summe kommt man ohne Cash sehr gut durch den Tag.

Am nächsten nehme ich doch wieder etwas Bargeld mit. Der Espresso am Bahnhof ist noch zu begleichen.